Teil 2: Wird die deutsche Sprache durch die Anwendung von vielen englischen Ausdrücken entstellt?

Wie ich schon in meinem ersten Beitrag zu dieser Frage gesagt habe, ist das – meiner Meinung nach – keine Frage von gut oder schlecht, sondern spiegelt die heutige Realität- die Bedeutung und Präsenz der englischen Sprache in unserer Welt wider: in unserer Kultur (Musik, Kino, Theater, etc.), in den internationalen wirtschaftlichen Beziehungen, in unserem Privatleben (unsere Reisen über die ganze Welt) etc..

Englisch ist die wichtigste Fremdsprache der Welt und gerade für ein Land wie Deutschland, dessen Wirtschaft vom Import und Export mit dem Ausland abhängt, von größter Bedeutung. Außerdem benötigt Deutschland dringend Fachkräfte. Da die deutsche Sprache, sowohl von der Grammatik als auch von der Aussprache her, im Ausland als besonders schwierig gilt und viele Fachkräfte u.a. auch aus diesem Grund nicht nach Deutschland kommen wollen, sind gute Englischkenntnisse von größter Relevanz für die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft und somit für den Wohlstand der Deutschen. Zur Zeit wandern die Fachkräfte eher in die skandinavischen Länder und in die Niederlande ab, da das Niveau der englischen Sprache dort sehr viel höher ist als hierzulande (siehe dazu auch meinen Beitrag vom 18.04.2016 „Do you speak English? Well, I hope you do!“).

Wie beteits im Hamburger Abendblatt vom 07.02.2020 unter der Überschrift „Hamburgs Firmen setzen auf Englisch statt Deutsch- In immer mehr Unternehmen wird die Fremdsprache zur Kommunikation benötigt- Ein Grund sind die Fachkräfte“ ausgeführt wird, kommunizieren immer mehr Unternehmen, wie z.B. Philips, Helm A.G., Otto, Bigpoint, Innogames, Esso, etc. in Englisch. Unternehmen, die traditionell international arbeiten, wie z.B. Lufthansa, Hapag-Lloyd, Airbus etc. gehören natürlich auch dazu. Diese Tendenz wird in den letzten Jahren wohl noch gestiegen sein. Insofern ist es sogar zu begrüßen, dass Englisch immer mehr Verwendung in Deutschland findet, dass, um es mal etwas salopper auszudrücken, Deutsche sich so „wohl“ in der Fremdsprache fühlen, dass Muttersprache und Fremdsprache miteinander verschmelzen.

Übrigens, findet man englische Begriffe auch in vielen anderen Sprachen, z.B. haben die Spanier:innen, ähnlich wie die Deutschen im Falle von „downloaden“,“googeln“ „chatten“, etc. englische Begriffe „hispanisiert“ z.B. „googlear“, „chattear“ etc..
Interessant ist jedoch, dass das Wort für „Computer“ in dem Spanisch, was in Spanien gesprochen wird, „ordenador“ heißt, in Lateinamerika aber, was durch die geographische Nähe zu den USA sowieso viel mehr englische Wörter in die Sprache aufgenommen hat, „computadora“ heißt.
Noch vor einigen Jahren habe ich gedacht, dass das @-Zeichen überall auf der Welt „at“ ausgesprochen wird, aber, wie ich persönlich erfahren habe, ist das z.B. in Spanien nicht der Fall. Als der Ehemann einer Kundin, mich mal gebeten hat, in Spanien anzurufen, um mich nach einer E-Mail -Adresse zu erkundigen, habe ich das natürlich getan. Meine Gesprächspartnerin nannte mir die Adresse, ich habe das Wort „ arroba “ für einen Teil des Namens gehalten und mich gewundert, dass kein „@-Zeichen“ vorkam. Darauf angesprochen konnte sie mit dem Wort „at“ nichts anfangen. Das Ganze war etwas schwierig, aber letztendlich haben wir das Problem gelöst.

Erwähnenswert bei dem Thema ist auch, dass viele Begriffe, die wir tagtäglich im Deutschen benutzen, aus dem Englischen stammen, ohne dass sich jemand überhaupt Gedanken darüber macht. Manche meiner zumeist jüngeren Kunden fragen mich manchmal, was „Team“, „fair“, „Meeting“, Coach“ etc. auf Englisch heißen.

Also, wie man meinen bisherigen Ausführungen entnehmen konnte, habe ich überhaupt keine Probleme damit, dass englische Begriffe immer mehr im Deutschen verwendet werden. Was mich allerdings stört ist, wenn Leute das tun, um sich als besonders cool zu präsentieren bzw. um sich zu profilieren. Früher hat man oft Latein benutzt, um zu zeigen, dass man besonders gebildet ist und hat sich damit „vom gemeinen Volk“ abgesetzt.

Es stört mich auch, wenn man -oft aus den gleichen Gründen-, englische Wörter benutzt, um etwas auszudrücken, was man auch mit dem gleichen Mitteln im Deutschen sagen könnte. Neulich habe ich eine Nachricht erhalten, in der mir jemand schrieb, dass ich nicht „at home“ gewesen sei und er mir mein Buch später „delivern“ würde.

Wird die deutsche Sprache durch die Anwendung von vielen englischen Ausdrücken entstellt?

Ich werde oft gefragt, wie ich es finde, dass immer mehr englische Begriffe in der deutschen Sprache benutzt werden. Meiner Meinung nach ist das keine Frage von gut oder schlecht. Dieses Phänomen drückt aus, wie wichtig die englische Sprache in unserem Leben, unserer Kultur, unserer Wirtschaft etc. geworden ist.

In diesem Zusammenhang muss ich an meinen Urlaub, den ich bei meinen Verwandten in den Niederlanden verbracht habe, denken. Ich war eine Woche in einem kleinem Städtchen (Vlissingen, auf Englisch „Flushing“) im Süden der Niederlande. Diese Region heißt Zeeland und ist sehr ländlich. Danach war ich 3 Tage in Amsterdam.
In beiden Regionen habe ich erlebt, wie die Niederländer mit Fremdsprachen umgehen. In Zeeland waren natürlich nicht so viele Touristen wie in Amsterdam, aber auch dort hörte man sehr viel Englisch, aber auch Deutsch, denn das Ruhrgebiet ist nicht weit. Die meisten Deutschen haben hier Deutsch gesprochen und die Holländer haben auf Deutsch geantwortet. In Amsterdam war es schon sehr extrem. Obwohl mein Bruder und ich Niederländisch sprechen und wir uns vorgenommen hatten, unsere Holländisch Kenntnisse in unserem Urlaub anzuwenden und zu üben, wurden wir in Geschäften, Restaurants, Märkten etc. grundsätzlich auf Englisch angesprochen. Wenn wir unseren Gesprächspartnern deutlich machten, dass wir Niederländisch sprechen wollten, ließen sie sich natürlich darauf ein. Es schien überall so selbstverständlich zu sein, dass man auf Englisch kommuniziert. Viele der Angestellten in den Lokalen konnten gar kein Niederländisch sprechen. Es scheint, als wenn es auch gar keine Voraussetzung ist, Niederländisch zu sprechen, wenn man einen Job in dieser Branche haben möchte. Meine Nichte, die seit einigen Jahren dort lebt, spricht kein Niederländisch, obwohl sie die Sprache versteht. Sie sagt, sie braucht sie auch im Alltag nicht. Mir scheint, dass die meisten Holländer viel Spaß daran haben, andere Sprachen zu sprechen, auch wenn sie diese nicht so gut beherrschen oder die Sprache, wie z.B. Deutsch als schwierig gilt.

Ein Grund dafür mag sein, dass Filme im Kino wie auch im Fernsehen nicht synchronisiert werden, d.h. dass Niederländer schon als kleine Kinder mit Fremdsprachen konfrontiert werden. So entsteht eine gewisse Selbstverständlichkeit beim Umgang mit den Sprachen, was ich hier oft vermisse. Viele Menschen hier, auch wenn sie schon seit vielen Jahren Englisch lernen, sind unsicher und sprechen oft über ihre Probleme. Wenn es möglich ist, versuchen sie oft einem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Zumeist stapeln sie auch tief, wenn es um ihr Niveau geht.

Hier wird darüber gesprochen, dass immer mehr Anglizismen in der deutschen Sprache benutzt werden. In Amsterdam insbesondere, aber auch in dem ganzen Gebiet der Niederlande, könnten die Bewohner besorgt sein, dass – zugegebenermaßen etwas zugespitzt formuliert-die niederländische Sprache in Zukunft aussterben könnte.

In meinem nächsten Beitrag möchte ich darauf eingehen, warum es für die Deutschen und die deutsche Wirtschaft unerlässlich ist, dass das Niveau der englischen Sprache verbessert wird. Diese Entwicklung wird dazuführen, dass noch mehr englische Begriffe in die deutsche Sprache integriert werden.

The Caminho dos Faros, the “Walk of the Lighthouses”

The Caminho dos Faros, the “Walk of the Lighthouses”, is a newly established walk trail along the Galician coast in north-west Spain. BTF member and volunteer Christian Mau completed the 200km walk in June of 2019.

Walking the Camino Dos Faros

The trail links Malpica de Bergatinos with Finisterre and is marked by a series of lighthouses, prior to the construction of which many ships went aground on the reefs along this treacherous coastline, especially along the Costa del Morte, the Coast of Death. It is marked with a series of green arrows and is well trodden, making it relatively easy to follow.

There is ample accommodation along the way, which can be organised in advance, as can luggage transfer if desired. Food and drink is plentiful and for gourmets this is seafood heaven!

As with all walks, proper preparation will make the experience more enjoyable, so have good walking shoes to cope with the varying terrain and clothing to cope with the notoriously quick changing weather on the Atlantic coast. There are also many stretches with little shade from the sun, so plenty of sun tan cream is recommended.

The route is divided into eight sections, so be prepared to walk between 20km and 30km a day. Daylight hours in the summer are long, so nine to ten hours of steady walking each day, with plenty of breaks, is a comfortable pace.
This was Christian’s story, walking from east to west:

The trail starts with the smallest of the lighthouses at the port of Malpica, where I stocked up with drinks and snacks. It then passes through the town, along beautiful beaches to Cape St Adrian.

View from St Adrian back to Malpica

Further beach walking at Beo and Seiruga leads to a higher coastal walk leading to the lighthouse at Punta Nariga, the most modern of the lighthouses on the trail, which is approached by walking up through massive rock formations. From the lighthouse is a magnificent view of the rugged Atlantic coastline

Lighthouse at Punta Nariga

The remainder of the day’s walk is over rocky outcrops to the picturesque Praia de Niñóns. The only accommodation close by is the Casa Vacacional Ninons-Ponteceso, which is 500m southwest of the beach.

The second stage involves a walk along beaches and cliff tops from Niñóns to the small town of Ponteceso, famous for its gooseneck barnacles (percebes), harvested from exposed sea cliffs by intrepid percebeiros. The first section took me via Porto Santa Mariña and Barda Beach to the Roncudo Lighthouse.

Roncudo Lighthouse

The name Roncudo has its origin in the Spanish word ronco, meaning hoarse—sound of the sea as it strikes the cliffs. There are breathtaking views of the estuary of Corme and Laxe from the cliff top. Down then to Porto de Corme, a beautiful fishing village, a climb to the cliffs of Monte da Facha and a descent into Ponteceso.

View from above the Estuary

 

On the third day the trail turned inland, initially through the Rego dos Muíños, three kilometres along the River Anllóns. I walked beside the river system, through the rain forest, past the remains of ancient water mills and channels. The lushness of this area made me forget how close I was to the coast. Initially I followed the river on a steep climb until turning towards the preserved remains of Castro A Cibda (a castle inhabited between the 6th and 7th century). There are lots of castros in this area. These settlements are in the high lands from where they dominate the whole area, and they are usually close to the bed of the rivers from which they took the water.

Castro A Cibda

From there I moved on to a second site of historic interest, the Dolmen de Dombate (a megalithic burial site, dating between 3000 and 2500 BC).

Dolmen de Dombate

Then it was back to the coast, uphill to the Monte Castelo de Lourida, with views of the beautiful beach at Laxe.  I continued on through eucalyptus—imported from Australia—and pine forests to Costa Mundina, with views of the Anllóns estuary and the secluded beaches of Rebordelo and San Pedro. Then along Laxe Beach into the town, an excellent meal of fresh fried squid, a beer (or two) and a good night’s sleep at the Apartamentos de uso Touristico

The next section is the shortest of the eight at just 18km. The trail meanders along the cliffs to Monte da Insua and the Laxe Lighthouse. I reached the Laxe lighthouse and continued to Furna de Espuma, where sometimes on windy days the foam from the high ocean swell hits the rocks and clings onto the cliffs like snow.

Laxe Lighthouse

From there the walk continues along windy beach of Traba, at the end of which I reached the small fishing village of Camelle and my destination, the village of Arou.

Stage five is follows the most treacherous part of the Costa del Morte between Arou and the beautiful port town of Camariñas, and is considered by many to be the highlight of the trail.

I headed out to the Lobeiras viewpoint via Xan Ferreiro’s cove, past long stretches of cliff rocks that reach out into the ocean and arrived at the isolated port of Santa Mariña. The village of Santa Mariña, which surrounds a Benedictine Monastery built in the 10th century, rests high above the port on a mountain ridge. Continuing to Monte Branco I gain a view of the Cementerio dos Ingleses, Cabo Vilan and lighthouse in the distance. The Cementerio dos Ingleses is the final resting place of sailors of the steamship Iris Hull and those of the Serpent, a British Crown ship. It is a sombre reminder of the dangers of this coastline and puts it into stark contrast the beauty that  had experienced over the last few days.

Cementerio dos Ingleses

Heading west towards Punta Boi and after a light climb via Monte Pedroso I arrived at the Cabo Vilan lighthouse, which is spectacularly set above the seemingly endless Atlantic Ocean. I stayed here until sunset and then walked into the beautifully lit town of Camariñas at 10pm.

Cabo Vilan Lighthouse

Camariñas

The sixth day of the walk from Camariñas to Muxia is 32km. This is a largely flat stretch, mostly following the estuary along beautiful protected beaches and coastal forest, with little villages and heritage buildings. At the small lighthouse of Playa de Lago I took a break and dipped my feet in the cool water, then continued across the river towards Muxia, largely through pine forests with a few paved road stretches.

As I entered the town centre I noticed many flower arrangements laid out in the streets, for the festival of San Juan that was taking place the next day to mark the summer solstice. After leaving my belongings at the Alberque Arribada I headed up the stone pathway to the top of Mt Corpiño to I enjoy the sunset over Muxia , the estuary and Cape Vilán, and decided to stay in Muxia an additional day to enjoy the festivities of San Juan.

Flowers in Muxia for the Festival of San Juan

After an enjoyable and interesting day of festivities I arose early to tackle some challenging ascending and descending sections along the cliffs to Nemiña Beach.

The day starts with a stiff climb to the top of Mt. Cachelmo and then a series of switchback ups and downs to Moreira Beach and up to the lighthouse at Cape  Touriñán, the westernmost point of the Camiño dos Faros and of Spain itself.

Cape Touriñán Lighthouse

After enjoying the views and a long rest, I walked the final four kilometres into the village of Talon and on to Nemiña beach. It had been a physically challenging day and after arriving at the Hotel Rural Fontequeiro I fell asleep on my bed—before dinner!

Day eight, my last day—the final stage from Nemiña Beach to Cape Finisterre. Finisterre comes from the Latin “finis terrae” as the Romans believed it was at the end of the known world. I crossed the channel of the River Lires and followed more beautiful cliffs and beaches, the beaches always being most challenging. At Punta Castelo I have a good rest at the ruins of Iron Age castle of Castrominan, then head along rugged coastline paths to the Cabo de la Nave, from where I had a view of Mar de Fora beach on the northern side of Finisterre, and the final lighthouse on the walk at Cape Finisterre.

Lighthouse at Cape Finisterre

Finally, I walked down to the beach and into town to the Albergue Finistellae, where I met again the owner, the man who introduced me to the walk and who was happy to see me again. I had completed the Camino dos Faros and it was wonderful—”Muchas Gracias!”

For those interested in the Camino dos Faros please go to their excellent website: http://www.caminodosfaros.com/

Skype, WhatsApp ,E-Mails sei Dank bzw. wie ich ein Fan der modernen Technik wurde

Jetzt, wo ich gerade die Überschrift für den Beitrag zu meinem Blog lese, überlege ich , ob das Wort „Fan“ mein Verhältnis zur modernen Technik wirklich entspricht. Bin ich jetzt ein Fan? Trifft dieses Wort wirklich zu? Erfreue ich mich an der modernen Technik, an den modernen Medien?

Nein, diese Frage kann ich nicht glaubwürdig mit „Ja“ beantworten, aber ich muss sagen, dass ich sie im Laufe der Jahre immer mehr zu schätzen gelernt habe und jetzt in der Corona-Krise verdanken ich sogar dieser modernen Technik und auch der Bereitschaft meiner Kunden, sie zu nutzen meine berufliche Existenz. An dieser Stelle möchte ich mich nochmal bei allen hierfür bedanken. Auch für einige von Ihnen war das neu und viele mussten sich Skype erstmal downloaden, aber es hat geklappt. Danke , muchas gracias, thanks a lot, hartelijk bedankt !!!

Viele meiner Altersgenossen, die in Hamburg aufgewachsen sind, kennen noch die Zeit ,als es in vielen Haushalten noch keinen Kühlschrank gab und man die verderbliche Ware in einer besonderen Kamer aufbewahrte, als die Kohlen für die Heizung aus dem Keller hochgeschleppt werden musste, wie es keine Zentralheizung gab, als es keine Klimaanlagen in den Wohnungen gab, geschweige denn in den Autos .In meiner Kindheit in Liberia (1953-1969)gab es alle diese Dinge schon. Wir hatten elektrische Waschmaschinen, riesige amerikanische Kühlschränke, Tiefkühlanlagen, ständig heißes Wasser, sodass wir jederzeit duschen konnten ,Klimaanlagen in den Wohnungen und sogar in den Firmenwagen, etc. Damit bin ich aufgewachsen und habe das nicht als Errungenschaft angesehen. Auch das Fliegen ,was damals noch nicht so verbreitet war wie heute, war für uns nicht so spektakulär.

Die erste große technische Erneuerung in meinem Leben war das Fernsehen. Meine Eltern haben sich sehr zum Leidwesen meines Bruders und mir keinen Fernseher angeschafft, weil sie das liberianische Fernsehen nicht besonders sehenswert fanden. Wenn wir etwas im Fernsehen wollten, sind wir zu unseren Nachbarn oder Freunden gegangen. Wenn wir bei meinen Großeltern in Holland waren, haben wir sehr gerne TV geguckt, besonders die amerikanischen Serien, die, wie auch heute noch ,nicht synchronisiert wurden. Als wir nach Hamburg übersiedelten, kauften meine Eltern, sehr zur Freude von uns Kindern, einen Fernsehapparat.

Die Kamera, die meine Eltern mir kauften, als ich ins Internat nach Las Palmas, Gran Canaria zog, war eine automatische Kamera- kein Einstellen irgendwelcher Abstände, Lichtverhältnisse ,etc. war erforderlich. Ich nannte sie liebevoll „meine Klickkamera“ .Ich wollte und musste nur auf den Auslöser drücken, unter bestimmten Umständen ein Blitzwürfel ober draufsetzen, den geknipsten Film zur Entwicklung bringen und prompt hatte ich wunderbare Bilder ,die mir von der Qualität absolut reichten .Die Fotos sollten besondere Momente und Personen festhalten und sie sollten meine Familie und Freunde, die in Liberia und Holland waren, an meinem Leben teilnehmen lassen. Ich hatte nicht das Ziel, künstlerisch tätig zu sein wie mein Bruder ,der schon in der Oberstufe eine Foto AG besuchte und auch noch heute mit großer Begeisterung fotografiert.

Beim Fotokopieren von Material für das Studium ärgerte ich mich jedes Mal, wenn beim Copyshop die Kopierer ausgetauscht worden waren. Immer wieder musste man sich anfänglich bei der Bedienung helfen lassen .Als ich mich selbständig machte und mir nach einiger Zeit einen eignen Kopierer anschaffte ,war das eine große Hilfe. Ich konnte im Unterricht spontaner auf Fragen meiner Schüler reagieren. Später kamen für den Haushalt Geräte wie z.B. ein Wäschetrockner, ein Geschirrspüler ,etc. dazu.

Für meinen Job war ein Anrufbeantworter, den ich mir nach langen Zureden meiner Freunde und Kunden, endlich anschaffte, eine wirklich großartige und sehr nützliche Erfindung. Ich musste nicht mehr Stunden lang versuchen , Leute zu erreichen. Ich konnte eine Nachricht hinterlegen und gut war es .Auch meine Kunden konnten mir Nachrichten zukommen lassen und ich konnte anrufen, wann es mir passte. Was für eine Errungenschaft! Es machte das Leben so viel einfacher .Ich glaube, das war auch das letzte Gerät ,was ich auf Anhieb liebgewonnen habe. Mein erstes Nokia-Handy hatte ich nach einer Welie auch sehr lieb, aber es war keine Liebe auf den ersten Blick ,auch nicht auf den zweiten .Ich musste oft Familienmitglieder, Freunde und Kunden bitten, mir zu helfen. Zum Glück hatte ich viele sehr liebe und geduldige Kunden, aber ich mag dieses Gefühl ,sich nicht selber helfen zu können und abhängig von anderen zu sein, überhaupt nicht. Dieses unangenehme Gefühl ,nicht eigenständig ein Problem lösen zu können, prägt seitdem mein Verhältnis zu allen Geräten, die danach kamen und meiner Meinung nach immer schwieriger in der Bedienung wurden .Ich benutze diese Geräte, schreibe E-Mais, liebe WhatsApp ,bin bei Facebook, finde es toll, schnell etwas zu googlen zu können oder ein Wort bei einem Übersetzungsprogramm nachschlagen zu können, aber ich habe immer noch sehr viel Respekt vor den Geräten und ,wenn etwas nicht klappt, weiß ich mir in den meisten Fällen nicht zu helfen.

Dieses Gefühl der Hilflosigkeit angesichts der zunehmenden Technisierung lässt mich auch Angst vor der Zukunft haben .Wir werden in zunehmenden Maße im Alltag von Geräten abhängig ,z.B. bei der Bank, bei Reisen, etc. Was passiert mit den älteren Menschen, die den Anschluss an diese Entwicklung verloren haben. Wer hilft ihnen? Ich versuche aus 2 Gründen einigermaßen mitzuhalten: zum einen wegen meiner Arbeit, die ohne Google, Mails, etc. undenkbar ist und zum anderen ,weil ich im Alter nicht so völlig hilflos und abhängig da stehen möchte.

Wie meinem bisherigen Text wohl unzweifelhaft zu entnehmen ist, stehe ich mit er modernen Medientechnik auf dem Kriegsfuß, aber jetzt in der Corona-Krise habe ich diese Technik sehr zu schätzten gelernt und bin froh, dass ich mich der Technik nicht ganz verweigert habe. Am 17.3.2020 habe ich mich schweren Herzens entschieden, meine Unterricht in meinem Büro im Grindelhof 33 wegen der Corona-Pandemie nicht fortzusetzen. Ich wollte mich selber und andere vor dem Virus schützen. Es war eine schwere Entscheidung ,denn ich wusste nicht, wie lange ich keine Einnahmen haben würde. Als ich meinen Kunden von meiner Entscheidung berichtete ,kam von einigen gleich der Vorschlag, den Unterricht per Telefon, Skype, Zoom, etc. fortzusetzen. Was für eine rettende Idee. Noch vor kurzem hatte ich Aufträge, via Skype zu unterrichten, aus Mangel an Erfahrung abgesagt und jetzt freute ich mich sehr über diese Möglichkeit.
Jetzt skype ich seit 3 Wochen und es ist immer noch nicht zur Gewohnheit geworden, aber ich bin sehr dankbar dafür, diese Möglichkeit zu haben.

Ich hoffe sehr und würde mich sehr freuen, meinen Unterricht im Grindelhof 33 nach der Corona-Pandemie wieder unter normalen Umständen aufnehmen zu können.

El Camino

Ein beliebtes Thema im Unterricht ist das Reisen. Meine Schüler berichten oft über ihre Reisen und bringen manchmal Bilder mit,die im Unterricht gezeigt und kommentiert werden.

Als mein Bruder Christian, der in Perth, Australien lebt, am Dienstag,den 25.6.2019 zu Besuch nach Hamburg kam,war er gerade fast 4 Wochen auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen. Als er sein Ziel Santiago de Compostela viel früher erreicht hatte als geplant ,führte sein Weg noch nach Kap Finisterre ,dem sogenannten “Ende der Welt”. Da er sehr viel Interessantes zu berichten hatte und ich daran denken musste, dass viele meiner Schüler sich für diese Reise interessieren würden, habe ich ihn gebeten, einen Bericht über seine Reise und Erlebnisse zu schreiben. Hier erscheint der 1.Teil seiner Reise. 2 weitere Teile werden folgen.

Ich wünsche allen viel Spaß bei der Lektüre seines Berichts.

El Camino – oder auch der Jakobsweg – my way.

Genau genommen gibt es viele Jakobswege, z.B. den Camino de la Plata, Camino del Norte, Camino Inglés, um einige zu nennen, und der Camino Francés, der wohl bekannteste unter den Caminos. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich diese wichtigen Routen mit eigenen Namen gebildet, die aber schon vor Jahrhunderten wegen ihrer unterschriedlich genutzten Infrastruktur von den Pilgern bevorzugt wurden. El Camino bedeutet schlicht aus dem Spanischen übersetzt: der Weg.

Der Jakobsweg, den ich gegangen bin, ist der Camino Francés, der meist als ‘der Jakobsweg’ bezeichnet wird und der in Saint-Jean-Pied-de-Port, Süd- Frankreich, ganz nahe der spanischen Grenze beginnt und daher auch diesen Namen trägt. Von hier geht der Camino über die Pyrenäen in Richtung Pamplona und Burgos, der Meseta entlang nach Leon und dann über die Galizischen Berge nach Santiago de Compostella. Für die meisten Pilger endet ‘der Camino’ in Santiago, aber für mich war klar,dass‘mein Camino’ in Muxia oder Finisterra abgeschlossen werden sollte.

Meine Partnerin Rikke und ich waren im Juni 2017 die erste Teilstrecke von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Burgos gegangen. Der Weg führte gleich in den ersten 3 Tagen in die Pyrenäen. Wir entschieden uns für die Napoleonische Route, von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncevalles (erster spanischer Ort).Wir hatten sehr viel Glück,denn es war nur leicht bewölkt und regnerisch, was die Landschaft recht mystisch aussehen ließ, aber je höher man stieg, desto mehr klärte es sich auf und wir bekamen einen traumhaften Blick auf die umliegenden französisch-spanischen Landschaften. Durch das Baskenland, die traumhaft schöne und lebhafte baskische Stadt Pamplona, die nördlichen Wälder Navarras, die in die Ebenen des Ebro Flusses führen, und der Weinregion Riojas ging es nach Burgos in Kastillien. Aus familiären Gründen mussten Rikke und ich hier unseren Camino unterbrechen und reisten mit dem Bus nach Madrid und dann mit dem Flugzeug über Singapore nach Perth Westaustralien, wieder nach Hause. Aber zuhause angekommen liefen meine Füsse weiter einen imaginären ‘Weg’.

Nach unedlichem Quängeln und Nörgeln über 2 Jahre hinweg, gab Rikke mir ‘den Laufpass’ und sagte: “Bitte gehe den Camino zu Ende, damit ich dann auch mal Ruhe finde”. Die Strecke,die Rikke und ich gemeinsam zurücklegten, umfasste 12 Etappen und betrug 286.5 Km.

Am 21sten Mai dieses Jahres beginne ich den zweiten Teil meiner Reise,die aus 8 Etappen besteht und 184 Km lang ist. Ich starte in Burgos, der historischen Hauptstadt Kastilliens, mit ihrer berühmten Catedral de Santa Maria und dem Grab von El Cid, ein kastilischer Ritter und Söldnerführer aus der Zeit der Reconquista, der in der Neuzeit zum spanischen Nationalhelden avancierte. Es ging über die Meseta (Spanisch für das Tafelland)in Richtung Leon, der Haupstadt der Region Castille y Leon. Das Leben in den Städten spielt sich oft auf den Marktplätzen,die sich in der Nähe der Kathedralen und Kirchen befinden,ab und kommt kurz während der “Siesta” (Spanisch fuer Ruhezeit) zur Ruhe.

Die Meseta ist einer der Weizen- und Kornkammern Spaniens und ist im Juni gruen mit keimenden Planzen, die in einer dunkel-braunen mit rot gemischter Erde spriessen. Auch blühen die Wildblumen, Korn- und Mohnblumen wie wild entlang des Caminos. Der Weg schlängelt sich entlang Huegeln und tiefer liegeden Landflächen mit geringen An- oder Abstiegen,was das Wandern sehr angenehm macht. Nur sollte man sich der Stäerke der Sonne bewusst sein, die vor allem um 14-15 Uhr ihre intensivste Hitze für den Pilger bereit hält. Unter den erfahrenen Pilgern (die, die den Camino mehr als nur einmal gegangen sind) heisst es: die Pyrenäenstrecke wäre die “physische Phase”, die Meseta ist die “mentale Phase” und die galizische Strecke bis Santiago, sei die “spirituelle Phase”. Auch gilt unter einigen Pilgern die Meseta als langweilig und nicht sehr abwechsungsreich. Ich fand die Meseta wunderschön.Sie besteht aus leicht hügeligen und meandernden Landschaften, große Weiten und ist zum Westen nach Gallizien hin umringt von den Kantabrischen Bergen.

Immer wieder kommt man an kleinen und grossen Wasserkanälen entlang, die der Bewässerung der grossen landwirtschaftlichen Nutzflächen dienen. Hier gibt es Zeit, die Augen vom klar vorausliegenden Weg wegschweifen zu lassen und den Gedanken freien Lauf zu lassen.
Leon ist eine kleinere Stadt mit der typischen spanischen Stadtauslegung und einem sehr schönen Altstadtkern, in dem sich auch die gotische Kathedrale Santa María de Regla befindet ebenso wie das Museo Gaudí Casa Botines. Antonio Gaudí begann das Projekt zu diesem Gebäude 1891 im Auftrag der Stoffhändler Leóns. Das Ergebnis war ein mittelalterlich anmutendes Gebäude im Stil des Modernismus.

Die naechste Strecke, die die beiden historischen Staedte Leon und Sarria verbindet, besteht aus 8 Etappen und ist 202Km lang.

Dies ist die sogenannte ‘Hügelstrecke’, die zu der Stadt Astorga (bekannt als ein Mekka für Schokolade und fuer ein weiteres Gaudi- Werk) durch die Kantabrischen Berge in die Region Galizien führt. Der “Wanderweg’ aus Leon heraus fuehrt durch ein industrielles Gebiet und ist sicherlich kein sehr schöner Einstieg in diese Etappe, aber die restlichen Etappen belohnen einen um so mehr. Kurz vor der beruehmnten Romanischen Bruecke, die in den Ort Hospital D’Orbigo hineinfuehrt, begruesst mich ein Glockenturm mit 4 Storchennestern. Überhaupt sieht man unterwegs auf dem Camino viele Störche und ihre Nester, unter anderem auch auf der Kathedrale in Burgos. Einer alten Geschichte und Tradition folgend, findet nach wie vor in Hospital D’Orbigo jedes Jahr ein Ritterfest mit einem Lanzenturnier statt. Von hier geht es weiter nach Astorga mit den berühmten Schokoladenfabriken und einem Schokoladen-Museum. Darüberhinaus steht dort der bischöfliche Palast von Astorga, ein weiteres Gebäude des spanischen Architekten Antoni Gaudí. Hiernach geht es weiter über den Ort Rabanal Del Camino und einem Aufstieg auf 1430m nach Foncebadon. Bis vor wenigen Jahren war Foncebadon noch ein verlassener Ort und hat mit der ‘Renaissance’ des Caminos wieder an Bedeutung gewonnen. Die Etappe von Fonacebadon am nächsten Tag führt auf 1520m zum berühmten Cruz Ferro, ein Monument,an dem Pilger sich seit Jahrhunderten ihrer Steine entledigt haben. Pilger trugen diese Steine als Symbol ihrer Last, ihrer Sünden oder Fehlverhalten mit sich auf dem Camino. Dem Anstieg folgt ein steiler, steiniger Abstieg nach Ponferrada. Die Stadt hat ein schönes historisches Zentrum, mit einer Burg des Templerordens.

El Camino – oder auch der Jakobsweg – my way; Teil 2

Meine Ankunft  in Galizien

Zwei Tage später folgt ein weiterer sehr steiler Anstieg auf 1330m nach O’Cebreiro. Kurz vor Erreichen des Ortes wandere ich in Galizien ein, eine Region mit keltischen Urspruengen. Obwohl  Spanisch die offizielle Sprache in Galizien ist, spricht wohl die Mehrheit ‘Gallego’, ein Mischung aus Spanisch und Portugiesisch. Auch die Schreibweise der Worte ist oftmals anders, z.B. wird der ‘Sch’- Laut durch ein ‘x’ ausgedrückt. Galizien ist für vieles bekannt; es gilt als das ‘o pais dos mil rios’, das Land mit Tausend  Fluessen, für  überdurchschnittlich viel Regen, was mystische Wälder entstehen ließ und einer Atlantikkueste mit Fjorden und goldenen Stränden.

O’Cebreiros kleine Kirchenkapelle, Iglesia de Santa Maria la Real, war nach örtlicher Tradition einst  Herberge des Heiligen Grals. Hier begrüsst mich auch am naechsten Morgen das galizische Wetter mit einer Regen- und Sturmfront, die mich während des Abstiegs Richtung Triacastella zu einem Tänzchen in den abfliessenden Wasserbächen zwingt. Der Sturm und der Regen begleiten mich weiter zu dem Kloster Samos, das Sitz des Benediktinerordens war, und Sarria nach Barbadelo, einem kleinen Ort 5Km hinter Sarria. Sarria ist ein wichtiger Anlauf- und Startpunkt für die Pilger,die die Minimalanforderung von 100Km  fuer eine Compostella (Camino de Santiago Zerfifikat) erfuellen wollen. In der Herberge in Barbadelo finde ich keine Möglichkeit, meine Sachen zu trocknen. Ich habe nichts Trocknenes mehr zum Anziehen und mein ‘Bed-liner’, der Mini Schlafsack, den ich im Rucksack habe, ist auch feucht.

Die letzte Strecke, von Sarria nach Santiago de Compostella , besteht aus 5 Etappen und ist 115Km lang. Sie führt durch meandernde Hügel, mit grünen Feldern und Waldlandschaften mit moosbehangenen Birken, Eichen und Tannen. Ich finde die Landschaften und Wälder sehr mystisch, was sicherlich durch den Regen und den Nebel verstärkt wird. Auf der Etappe von Barbadelo nach Portomarin, zwischen dem Ort Morgade und A Bea komme ich am 100Km ‘Camino-Marker’ vorbei und lasse mich zum ersten Mal seit dem Start neben dem Stein fotografieren – ein wahrer Meilenstein für mich! Seit O Cebreiro regnet es und ich hoffe, dass  ich in Portomarin endlich meine Sachen trocknen kann, denn ich habe schlecht in meinem feuchten Bed-liner und Pyjamas schlafen können.

Meine Freude über das Erreichen des  100Km Punktes gestern  ist sehr gedämpft.Ich habe wenig Energie und   glaube, Fieber und Probleme mit meiner Blase zu haben, nicht nur mit den Blasen an den Fuessen! In Portomarin gibt es weiterhin keine Möglichkeit, meine Sachen zu trocknen; die Herberge ist voll mit Pilgern, die alle  ähnliche Probleme haben. Am nächsten Tag komme ich an römischen Ruinen in der Nähe von Castromaior vorbei. Ich komme ziemlich erschöpft und auch etwas deprimiert in meiner Herberge in Palas de Rei an. Die Herbergseigner erkennen dies recht schnell und bieten grosszügig ihre Hilfe an.  Ich bekomme die Möglichkeit den Wäschetrockner zu benutzen, erhalte ein kleines Zimmers mit nur 4 Betten und einer extra Decke. Darüber hinaus fahren sie mich zur nächsten  Apotheke. Der Apotheker meint, nach einer in ‘Spanglish’ gehaltenen Beschreibung meiner Symptome, dass ich eine Blasenentzündung habe. Ich bekomme Medikamente gegen die Blasenentzündung  und  Mut für meinen weiteren Weg zugesprochen. In der Herberge angekommen, erhalte ich ein warmes Pilgeressen und gehe ins Bett; es ist 18:23. Am nächsten Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus- auch aus meteorologischer Sicht! Ich fühle mich gut und stark genug, den Weg fortzusetzen – nur noch 68.2 Kilometer.Die müssen doch zu schaffen sein!

Der Camino durch Galizien scheint mehr Anstiege als Abstiege zu haben und so gibt es ein ständiges Auf und Ab auf den letzten Etappen nach Santiago. Meine letzte Übernachtung vor Santiago ist in der Herberge O Burgo in O Pedrouzo, 19.8Km vor Santiago. Ich bin aufgeregt! Ich schlafe gut, esse am Morgen meine Banane, einen Joghurt und einen Muesli Riegel (mein fast tägliches Frühstueck) und auf geht es zur letzten Camino Francés Etappe nach Santiago de Compostela. Der Morgen ist sehr nebelig und es geht durch eine dichten Wald nach Amenal, wo ich anhalte, um einen “café con leche” zu trinken. Dann geht es weiter am Flughafen vorbei nach Monte del Gozo, wo ich einen ersten Ausblick auf Santiago und die Kathedrale bekomme – nur noch 5 Km! Diese letzten Kilometer führen durch urbane Behausung und dann, endlich die letzten 500m, durch den historischen  und von der Unesco als Weltkulturerbe klassifizierten Altstadtkern. Endlich stehe ich auf dem Platz vor der Kathedrale und mit mir viele andere Pilger, die alle die unterschiedlichsten Reaktionen zeigen.Allen möglichen Emotionen wird freien Lauf gelassen!

Ich persoenlich kann es gar nicht fassen hier zu stehen, ich freue mich, aber es kommt mir unwirklich vor. Am 11ten Juni, 22 Tage nach meinem Start in Burgos. Nach einer Weile schaue ich mich um,um zu sehen, ob ich Pilger erkenne, mit denen sich mein Weg gekreuzt hat. Ich erkenne einige, gehe auf sie zu, wir umarmen uns, gratulieren uns und nach einer Weile geht jeder  wieder seinen eigenen Camino. Ich beschliesse, am naechsten Tag mir  meine Compostella ausfertigen zu lassen und mache mich auf die Suche nach meiner Pension Santa Rita, Danach fall ich völlig erschopft  in ein richtiges Bett! Für den Abend habe ich ein freies Ticket für einen Sondereinlass zum ‘Pórtico da Gloria’, eine Romanesker Portikus am Haupteingang der Kathedrale, was für mich einen besonderen abendlichen Abschluss darstellt

Am nächsten Tag stehe ich wie immer routinemaessig früh auf und gehe zum offiziellen Pilgerbuero, wo ich meine Compostella ausgestellt bekomme. Danach erkunde ich während der nächsten 3 Stunden die Altstadt; auf diesem Weg entscheide ich mich meinen Camino in Fisterra und Muxia, an der Atlantikküste zu beenden. Ich gehe zurück in meine Pension und bereite alles für den ‘letzten Teil meines Caminos’ vor.

Warum den Camino gehen?

Ich denke, jeder hat seine eigenen Gründe und seine eigene Art den Camino zu gehen und jeder wird Unterschiedliches erleben und erfahren, wenn er allem offen  gegenueber steht. Mein erster Bewegrund den Camino zu gehen war meine Patnerin Rikke, die gerne lange Strecken wandert und mir viel von dem Camino erzählt hat,sowie mir viele Informationen  darüber gab.Die Lektüre und ihre Erzählungen haben zu dem Wunsch geführt, ihn gemeinsam gehen zu wollen. Der zweite Bewegrund war sicherlich das Langstreckenwandern zu zweit ,was sehr die Gemeinsamkeit stärkt. Man findet einen gemeinsamen Rhythmus, was  im Alltag nicht immer einfach ist. Der Tagesablauf ähnlich sich– alles ist sehr einfach ausgerichtet. Somit findet man  wirklich viel Zeit für den anderen .. aufstehen, essen, Fusspflege, Rucksack anschnallen , laufen, Pause machen, essen, Rucksack anschnallen , laufen, Pause machen, essen, Fusspflege und dann schlafen; alles startet wieder genauso am nächsten Tag (am einfachsten dargestellt).

Was empfinde ich auf dem Camino?

Ich habe sehr  vielfältige Gefühle. Alle gehen den gleichen Weg. Obwohl Santiago ein Ziel darstellt, verbinden alle unterschiedliche , sehr individuelle Ziele, alle gehen unterschiedlichen Schrittes, alle kommen aus  den unterschiedlichsten Ländern mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Religionen . Alle habe unterschiedliche Probleme, einige finden Lösungen- aber alle verbindet, dass sie auf demselben Weg sind. Man trifft Pilger, die gehen im gleichen Rhythmus und andere , die einen völlig unterschriedlichen Rhythmus haben. Pilger die teilen und solche, die nehmen.  Pilger, die klare Vorstellungen haben und solche, die auf der Suche sind. Pilger, die alleine sein wollen und die, die Kontakt suchen. Pilger ,die so ausgerüstet sind, als wollten sie den Everest besteigen und andere, die fast asketisch aussehen.Pilger, die den Camino ,wie im Reiseführer beschrieben, folgen und die, die ihren eigenen Weg beschreiten.Pilger ,die den Camino zu Fuss laufen und andere, die es mit Bus oder Taxi kombinieren. Was erfahre ich: meine Freude am Wandern, die Liebe zur Natur, die Schönheit in der Weite und der verschiedene Landschaftsformen, die Freude an Kontakten zu anderen Pilgern und das Lauschen ihrer Geschichten, die immense Gastfreundschaft der Spanier und ständige Hilfsbereitschaft der Herbergseigner oder –führer, das Gefühl  der Gemeinschaft – da alle das gleiche Ziel haben.  vor allem entwickle ich ein verstärktes Selbstbewusstsein in meine Fähigkeiten. Es gelingt mir, aus Tiefen wieder verstärkt hervozukommen und  mit weniger Vorurteilen auf Menschen und Dinge zuzugehen.

Fortsetzung: Fragen zu meiner Kindheit

Vor einiger Zeit habe ich angefangen, einige Fragen zu meiner Kindheit in meinen Blogs zu beantworten. Da einige Fragen noch offen sind, möchte ich diese jetzt in diesem Blog aufgreifen.

Zuletzt (siehe meinen Blog “Der Weg meiner Familie nach Liberia“) war ich auf die Gründe eingegangen, weshalb meine Familie 1969 Liberia endgültig verließ und nach Hamburg zog.

Der Umzug nach Hamburg und die Sehnsucht nach Liberia

Wie viele Menschen damals und auch heutzutage verließen wir 1969 unsere Heimat Liberia und zogen in ein ,zumindest für meinen Bruder und mich, relativ fremdes Land. Wir kannten Hamburg nur aus den Urlauben, die wir alle 2 Jahre hier verbrachten .Dann besuchten wir eine Tante meines Vaters, die in Volksdorf lebte und wo wir dann meistens 5-7 Tage in einem Hotel wohnten. Damals war Volksdorf für mich und meinen Bruder gleichbedeutend mit Hamburg. Wir staunten nicht schlecht, als wir dann 1969 auf der Suche nach einer Wohnung in andere Stadtteile kamen. Sie unterscheiden sich häufig doch sehr von dem Hamburg, das wir kannten.

Wenn ich heutzutage von Menschen hören, die nach Hamburg kommen und hier ein neues Leben anfangen, muss ich oft an die Anfangszeit meiner Familie in Hamburg nachdenken. Wir hatten kaum Familie und gar keine Freunde in Hamburg, mein Vater hatte zunächst keine Arbeit, wir mussten eine Wohnung suchen, was sich als besonders schwer herausstellte, da es damals auch Wohnungsknappheit gab und man außerdem keine kleinen Kinder in den Wohnungen haben  wollte – mein Bruder war damals erst 10 Jahre alt. Wir kamen im Oktober und mit der Kälte konnten wir zunächst gar nicht umgehen.  Die deutsche Sprache machte meinem Bruder und mir zu schaffen. Auch die Tatsache, dass wir nicht mit  der Kultur, den gesellschaftlichen Gepflogenheiten und der Politik vertraut waren ,war ein großes Problem für uns. Ich erinnere mich ,dass ich in meiner ersten Deutschklassenarbeit Stellung nehmen sollte zu einem Zitat der APO ,in dem es um die Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien in Afrika ging. Ich wusste damals nicht ,wofür die Abkürzung APO (Außerparlamentarische Oposition) stand und ,ehrlich gesagt, wusste ich auch nicht, dass Portugal Kolonien in Afrika hatte. Als ich zu meinem Lehrer ging, um ihn nach der Abkürzung APO zu fragen, ging ein Raunen durch die Klasse. Wir fühlten uns alle einsam in Hamburg und vermissten Liberia sehr. Mein Vater sagte häufig, dass, wenn er könnte, er zu Fuß nach Liberia zurückkehren würde. Das galt für uns alle in der Familie. Doch es war, wie ich bereits in meinem vorigen Blog erwähnte, wegen meiner Schulsituation nicht möglich. Natürlich hatten wir den Wunsch und die Idee, später zumindest als Besuch nach Liberia zurückzukehren.

Doch zunächst wollte ich mein Abi machen, dann habe ich angefangen zu studieren und später erkrankten meine beiden Eltern so schwer, dass ich Hamburg nicht verlassen wollte .

Und dann kam 1980 der Umsturz in Liberia, worauf Jahre des brutalen Bürgerkriegs folgten, in denen es aus  Sicherheitsgründen unmöglich war, nach Liberia zu reisen. 2003 gab es ein Friedensabkommen und 2005 gab es die ersten freien Wahlen, aus der Mrs.Ellen Johnson Sirlief als Siegerin hervorging. Sie war das erste weibliche Staatsoberhaupt Afrikas und war bis zum 22.Januar 2018 im Amt. Der heutige Präsident heißt George Weah und war ein auch international bekannter Fußballspieler. Der Krieg ist schon einige Jahre her, aber das Auswärtige Amt warnt immer noch davor, nach Liberia zu reisen. (Auswärtiges Amt: Reise- und Sicherheitshinweise,  11.8.2014),

Im Jahre 2014 kam dann noch die Ebolaepidemie, die 2015 offiziell für beendet erklärt wurde.

Obwohl die Sehnsucht nach Liberia und den Wunsch, wieder dorthin zu reisen, bei meiner Familie, wie auch bei vielen anderen (darauf komme ich später nochmal zurück),immer da ist, ist niemand aus meiner Familie  zurückgekehrt, aber wer weiß, vielleicht schaffen mein Bruder und ich es doch nochmal, in das Land, in dem wir geboren sind, zurückzukehren.Damit würde ein langehegter Wunsch in Erfüllung gehen,auch wenn heute vieles anders aussehen wird.

Außer einigen Liberianern kenne ich nur 2 Personen, die tatsächlich nach vielen Jahren nach Liberia zurückgekehrt sind und davon abgeraten haben, ihrem Beispiel zu folgen. Bomi Hills, der Ort, an dem wir lebten, war eine Siedlung, die um die Eisenerzvorkommen in Mitten des Urwalds gebaut worden war .Der Urwald war gerodet worden, um Platz für Häuser, Büros, eine Schule, ein Krankenhaus, einen großen Supermarkt, in dem man alles für den täglichen Bedarf kaufen konnte, ein Kino, eine Bowlinganlage, Bergwerksanlagen für die Gewinnung und Zerlegung des Erzes, etc. zu machen. Da die geringen Restvorkommen an Eisenerz einen weiteren Abbau nicht mehr lukrativ erschienen ließen, wurde die amerikanische Firma, für die mein Vater arbeitete, geschlossen. Das hatte zur Folge, dass die Menschen, die dort gearbeitet hatten, von dort wegzogen, und der Urwald wieder in das Gebiet eindrang und es langsam übernahm .Auch wurden viele Gebäude  und Minenanlagen durch den Bürgerkrieg zerstört. Die Freunde, die damals dort gewesen waren, sagten, dass man vieles nicht wiederfinden würde, dass manches nur noch als Ruine aufzufinden sei. Man sollte lieber die schönen Erinnerungen der Kindheit  bewahren. Da es, wie bereits erwähnt, auch heute noch kein sicheres Land ist, haben wir es zunächst einmal bei den Erinnerungen belassen.

Mein letzter Beitrag  zu meiner Kindheit wird sich mit dem Bürgerkrieg, unserer Bomi-Gruppe auf Facebook,in der sich 194 Freunde, die alle dort gelebt und zur Schule gegangen sind, zusammengefunden haben und unserem Treffen 2013 in Florida beschäftigen.

„Was halten Sie von Sprach-Apps wie z.B. Babbel?“

Vor einiger Zeit brachte ein Schüler mir den Artikel „ Wie Computer beim Sprachenlernen helfen“ von Julia Ruhnau aus dem Hamburger Abendblatt vom 24./25.2.2018 mit. Ich fand diesen Artikel äußerst interessant, denn ich werde in der letzten Zeit immer öfters gefragt, was ich von den Sprach-Apps wie Babbel, Duolinguo, Rosetta Stone, etc. halte. Wahrscheinlich vermutet man im Allgemeinen ,dass ich gegen die Benutzung dieser Apps bin, da ich befürchten könnte, dass sie meine Arbeit als selbständige Sprachenlehrerin gefährden könnten. Demzufolge sind viele über meine Antwort überrascht.

Ich bin für alle Mittel, die helfen ,eine Sprache zu lernen .Eine Sprache zu lernen ,ist kein leichtes Unterfangen und somit sind alle Mittel recht, die den Lernenden dabei unterstützen, dieses Ziel zu erreichen. Dazu gehören die Sprach- Apps genauso wie das Anschauen von Filmen in der Fremdsprache, die Lektüre von Zeitungen und Büchern, Onlinekurse, etc. Alle diese Mittel sind sehr nützlich und können den Unterricht bei einem Lehrer ergänzen, aber sie ersetzen ihn nicht.

Die Sprach-Apps ,wie z.B. Babbel, Duolinguo, etc . sind sehr nützlich, um Hemmungen und die Scheu vor einer fremden Sprache abzubauen. Man kann sich ohne äußeren Druck mit der fremden Sprache vertraut machen und bestimmt das Lerntempo selber. Auch bieten die Sprach-Apps die Möglichkeit ,das Vokabular einer Sprache wieder aufzufrischen. Im Allgemeinen werden Wortschatz und Gesprächssituationen des Alltags trainiert, aber da Erläuterungen zur Grammatik der Sprache eher nicht integriert sind ,fehlt dem Lernenden eine Einsicht in die Struktur und Aufbau der Fremdsprache. Der Schüler kommt über eine gewisses Basisniveau nicht hinaus. So urteilt Harald Clahsen, Professor am Potsdamer Forschungsinstitut für Multilingualismus (PRIM),dass es den Apps an einer Anleitung durch einen Lehrer entbehrt.(Siehe den oben genannten Artikel)

Wie viele meiner Schüler, die mit diesen Apps gearbeitet haben, sagen, braucht man auch aus Gründen der Disziplin und des Feedbacks einen Lehrer. Lernt man für sich allein ,hat man weniger Disziplin und verschiebt oft Termine ,an denen man lernen wollte. Die regelmäßigen Termine mit dem Lehrer, der Wissen abfordert ,schafft eine gewisse Disziplin, die dem Schüler hilft, sein Lernpensum zu verwirklichen. Wie beim Fernstudium ist die Zahl der Drop-Outs bei diesen Apps immens. Sicher kann das Erreichen gewisser Levels bei den Sprach-Apps motivierend wirken, jedoch sind die differenzierten Möglichkeiten des Feedbacks von einem Lehrer auch auf Dauer viel leistungsfördernder.

Was jedoch am meisten für den Unterricht mit einem Lehrer spricht ,ist die Sprachpraxis ,die die Apps nicht gewährleisten können. Um eine Sprache wirklich sprechen zu können, muss man das Sprechen im Unterricht trainieren. Im Laufe meiner langjährigen Tätigkeit habe ich oft erlebt, dass Schüler, obwohl sie oft seit Jahren mit dem Erlernen einer Sprache beschäftigt sind, die Sprache nicht sprechen können oder sich nicht trauen, sie zu sprechen.(siehe dazu auch meinen Artikel “Englisch für Angsthasen“ auf meinem Blog) Sie haben oftmals viel passives Wissen und schneiden bei Eingangstests, die zumeist grammatikalisches Wissen und Vokabeln abfragen, gut ab, aber oft entspricht ihre Fähigkeit zu sprechen nicht diesem passiven Wissen. Auch die Sprach—Apps zielen auf das Erlangen von passivem Wissen hin und müssen durch Präsenzkurse mit einem Lehrer, der das Sprechen fördert und die Schüler beim Erreichen dieses Ziels unterstützt, ergänzt werden.

Der Weg meiner Familie nach Liberia

Im letzten Beitrag zu meinem Blog bin ich auf einige häufig gestellte Fragen zu meiner Kindheit in Liberia eingegangen, insbesondere ging es um die Frage, ob es in Liberia auch ein System der “Apartheid” gab, wie man es aus Südafrika kennt.

Jetzt möchte ich auf weitere Fragen eingehen:

1.Warum sind deine Eltern nach Liberia gezogen?

Um diese Frage beantworten zu können, muss ich ein wenig ausholen und etwas weiter in die Familiengeschichte zurückgehen. Helgoland-Sansibar: Was haben diese Inseln, die soweit von einander enfernt sind ,mit meiner Geschichte zu tun?

Meine Großeltern väterlicherseits lebten in Sansibar, als mein Vater 1914 geboren wurde.Mein Großvater hatte dort eine Import-Exportfirma. Meine Großmutter war Lehrerin, aber ich weiß nicht,ob sie auf Sansibar unterichtet hat. Als meine Großeltern dorthin gezogen sind, war Sansibar ein freies Sultanat, das allerdings unter der “Schutzherrschaft”,so nannte man das damals, des Deutschen Reiches stand. In dem Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Vereinten Königreich Großbritannien vom 1.7.1890 verpflichtete sich das Deutsche Reich, die britische Schutzherrschaft über Sansibar im Austausch mit Helgoland anzuerkennen.(Wikipedia.”Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Vereinigten Königreich über die Kolonien und Helgoland”).Meine Großeltern lebten also, als mein Vater geboren wurde, als Deutsche auf britischem Hoheitsgebiet. Als am 28.7.1914 der 1.Weltkrieg ausbrach, wurde die Familie meines Vaters und somit auch er Kriegsgefangene,die kurze Zeit danach nach Gao in Indien deportiert wurden.Die 6 Jahre,die mein Vater dort verbrachte, haben so eine starke Sehnsucht nach einem Leben in fernen Ländern geweckt, dass er nach seiner Schulzeit und Lehre in Hamburg,und noch minderjährig, zum 1.Mal per Schiff nach Liberia reiste.Viele Bilder und Erzählungen meines Vaters zeugen davon, dass er dieses Leben sehr genoss.

Während des Krieges war mein Vater als deutscher Soldat in den Niederlanden stationiert,wo er meine Mutter,die Holländerin war, kennenlernte. Aufgrund der Kriegssituation und der Tatsache,dass sie verfeindeten Nationalitäten angehörten,war ihre Beziehung äußerst schwierig .Sie waren 9 Jahre verlobt und wussten oft nicht, ob der andere noch am Leben war.Als sie dann endlich heiraten konnten, lebten sie ein Jahr In Lüneburg.

Die Rückkehr meines Vaters nach Liberia

Wie meine Mutter später erzählte, war mein Vater dort nicht richtig glücklich und vermisste Liberia so sehr ,dass sie nach einem Jahr ungefähr gemeinsam nach Liberia ausreisten.So kam es dann, dass mein Bruder und ich in Liberia geboren und aufgewachsen sind. Ein weiterer Grund für meine Eltern nach Liberia zu ziehen, war die Situation in Nachkriegsdeutschland.Liberia bot meinen Eltern eine interessante Arbeitsperspektive, einen besseren Verdienst, Sicherheit und die Möglichkeit, in einem wunderbaren Land mit vielen Menschen unterschiedlicher Nationalität in Frieden zu leben.

Am Beispiel meines Vaters wird, meiner Meinung nach, besonders deutlich ,welche Auswirkungen gesellschaftliche und politische Ereignisse auf das Leben eines Menschen haben. Wie bereits erwähnt, wurde mein Vater in britischen Hoheitsgebiet geboren.Bis er 21 Jahre alt wurde,stand der Zusatz “British-born” in seinem Pass. Mit 21 Jahren musste mein Vater sich entscheiden, ob er die britische oder die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen wollte. Da seine Eltern und Familie Deutsche waren, seine Muttersprache Deutsch war, er in Deutschland gelebt hatte und nicht im selben Maße vertraut mit England war,entschied er sich für die deutsche Nationalität.

Gerade in Anbetracht des 2.Weltkrieges wäre vieles in seinem Leben ganz anders gekommen: mein Vater wäre kein deutscher Soldat geworden, er wäre nicht in Holland stationiert gewesen, er hätte meine Mutter nicht kennengelernt und …..und….und!

Warum ist deine Familie nicht in Liberia geblieben, bzw. warum seid ihr später nach Hamburg gezogen?

Für uns alle,aber insbesondere für uns Kinder,war das Leben in Liberia wie einst im Paradies. Es fehlte uns an nichts. Alle 2 Jahre bekam mein Vater, wie alle anderen Angestellten der Firma auch, 3 Monate Urlaub ,die wir dann in Europa bei unseren Familien In Deutschalnd und den Niederlanden verbrachten. Der einzige Nachteil des Lebens in Liberia war,dass die firmeneigene amerikanische Schule, die wir Kinder dort besuchten, nur Unterricht bis zur 7.Klasse anbot.Die Gründe hierfür kenne ich nicht.In der nahen Umgebung gab es keine andere Schule,die wir hätten besuchen können und deren Abschlüsse international anerkannt worden wären.So blieb nur die Möglichkeit,wenn die Kinder dieses Alter erreicht hatten, Liberia zu verlassen oder die Kinder auf weiterführende Schulen zumeist in den Heimatländern der Eltern zu schicken,was die meisten Familien auch taten.

Meine Zeit in Las Palmas,Gran Canaria

In meinem Fall war es so, dass ich mit 13 Jahren nach Las Palmas, Gran Canaria, zog, wo es eine deutsche Schule mit einem Internat gab .Fürdie Lösung sprach, dass sie näher an meiner damaligen Heimat Liberia lag und ich deswegen meine Familie öfters besuchen konnte, zum anderen lebte eine 2 Jahre ältere Freundin bereits seit ihrem 10 .Lebensjahr dort. Ihre Eltern waren Holländer,gute Freunde meiner Eltern, die genauso wie mein Vater für die amerikanische Firma dort arbeiteten. Majana und ich teilten uns ein Zimmen, und sie hat mir sehr geholfen,mich dort einzuleben. Heute lebt sie in Rotterdam.

Bevor jetzt alle Mitleid mit mir bekommen, muss ich sagen, dass die Umstellung nicht einfach war, zumal der Unterricht an der Schule jetzt in deutscher Sprache war und ich meine Familie natürlich sehr vermisst habe, aber dass ich diese Zeit nicht als schrecklich in Erinnerung habe. Wir waren maximal 10-15 Kinder, die alle mit der Heimleitung zusammen in einem großen Haus in Las Palmas lebten .Es war eher wie in einer Großfamilie- garnicht zu vergleichen mit den “Internats- Filmen”, die in Deutschland oder England spielten.Außerdem konnte ich im Sommer 3 Monate und zu Weihnachten 3-4 Wochen bei meiner Familie in Liberia sein.

Mein Eltern haben unter dieser Trennung sehr gelitten, und so kam es nach 3 Jahren, als ich die Schule in Las Palmas mit der Mittleren Reife beendet hatte und auf ein Internat nach Deutschland hätte umziehen müssen,zu dem Entschluss meiner Eltern, unser liberianisches Paradies zu verlassen und nach Hamburg zu ziehen. Es war für uns alle ein sehr schwerer Schritt, von allem Abschied zu nehmen und ein neues Leben in Hamburg anzufangen.

Wie haben wir damals die Zeit der Trennung überlebt… ohne die technischen Möglichkeiten von heute?

Ganz nebenbei bemerkt, wenn ich an diese Zeit in Las Palmas denke, fällt mir auch ein, dass ich, bis auf die normale Briefpost, die mindestens 10 Tage von Las Palmas nach Liberia und auch umgekehrt dauerte und ein Telegramm, das ich nur einmal nach der bestandenen Mittlere Reife Prüfung an meine Eltern geschickt habe,keine Möglichkeiten hatte,mit meinen Eltern in Liberia in Kontakt zu treten.Es gab keine Telefonverbindung, kein WhatsApp, Skype, Twitter, Viber, etc. Man kann sich das heute kaum vorstellen, aber irgendwie haben wir das auch geschafft.

Ich hoffe, damit wieder einige Fragen zu meinen Leben beantwortet zu haben.In meinem nächsten Blog geht es um unser Einleben in Hamburg und den Bürgerkrieg in Liberia.

FAQ über meine Kindheit in Liberia

Im Zusammenhang mit meinem Englischunterricht werde ich oft gefragt, wo ich Englisch gelernt habe. Meine Antwort, dass ich eine amerikanische Schule in Liberia besucht habe, führt dann zu vielen weiteren Fragen, wie z.B.:

–    Wo liegt Liberia überhaupt?
–    Gab es dort „Apartheid“ wie in Südafrika?
–    Hast du auch die liberianische Staatsangehörigkeit?
–    War Liberia eine amerikanische Kolonie?
–    Warum ist deine Familie dort hingezogen?
–    Was haben deine Eltern dort gemacht?
–    Seid ihr wegen des Bürgerkriegs in Liberia nach Hamburg gezogen?
–    Wie sieht die politische Situation in Liberia jetzt aus?
–    Bist du in der Zwischenzeit mal wieder dort gewesen?
–    Hast du Sehnsucht nach Liberia und möchtest du mal wieder dorthin zurück?

Da alle, mit denen ich über Liberia gesprochen habe, die Informationen sehr interessant fanden, möchte ich jetzt in diesem Beitrag zu meinem Blog auf die gängigsten Fragen eingehen.
Wo liegt Liberia überhaupt?

Liberia liegt in West Afrika ,zwischen Sierra Leone im Westen, Guinea im Norden und der Elfenbeinküste im Osten, nicht sehr weit vom Äquator entfernt.
Zum Vergleich mit Deutschland sind hier einige Zahlen, die ich bei Wikipedia (de.m.wikipedia.org) gefunden habe:

Liberia Deutschland
Größe 97.079 km2 357.385,71 km2
Einwohnerzahl 4.092.310 (2014) 82.175.684 (2015)
Einwohner pro km2 42 230

 
Gab es dort „Apartheid“ wie in Südafrika?

Wenn die Leute hören, dass ich in Liberia geboren und fast 16 Jahre meines Lebens dort verbracht habe, sind sie zumeist überrascht. Manche sind etwas peinlich berührt und drucksen mit der Frage nach dem System der „Apartheid“, wie es bekanntlich in Südafrika bestanden hat, rum. Andere fragen  direkt oder gehen automatisch davon aus ,dass  dieses System der Rassentrennung und Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung auch dort existiert hat.
Glücklicherweise kann ich sagen, dass das nicht der Fall war, denn es würde mich sehr belasten, zu wissen, dass meine Familie, meine Freunde und ich  ein solches System unterstützt hätten.

Die meiste Zeit lebte ich in Bomi Hills im Landesinnern Liberias ,in dem eine amerikanische Firma, die die reichlich vorhandenen Eisenerzvorkommen abbaute,sich angesiedelt hatte .Der liberianische Staat war immer mit 51% an dieser, wie auch an allen anderen ausländischen (deutschen, schwedischen, etc.) Firmen, beteiligt und hatte somit auch entscheidenden Einfluss auf unternehmerische und unternehmenspolitische Entscheidungen.
In unserer Siedlung lebten nicht nur viele verschiedene Nationalitäten, sondern auch schwarze und weiße Angestellte der Firma nebeneinander – ganz unabhängig von ihrer Hautfarbe. Auf unserer Schule wurden die weißen und schwarzen Kinder der Firmenangestellten von weißen und schwarzen Lehrern unterrichtet. Mein Bruder und ich hatten weiße und schwarze Freunde, die wir besuchten und die uns zuhause besuchten.
Gerade heute habe ich von einem liberianischen Freund, der während des Bürgerkriegs in die USA geflohen war, aber mittlerweile wieder in Liberia lebt und sich zum Ziel gesetzt hat,seine Heimat wieder aufzubauen, folgenden Post auf Facebook erhalten: „ Your family was one of the greatest I ever met in Bomi (der Ort, an dem wir lebten), I shall never forget the love shown to me during those times we lived as neighbors. Chris (Christian,mein Bruder) and I would roam the entire Bomi Hills together.I was always an invited guest at the family dining table.Those wonderful and delicious German meals and pastries your mom made.Then Chris would come over to my house and he got the same love. Oh boy,did he love `Red Palm Oil and Rice´(eine liberianische Delikatesse).Till this day my mom asks me if I have made contacts with my´Red Palm Oil and Rice´ friend.“
Ein weißer amerikanischer Klassenkamerad von damals schrieb neulich: „What I brought home with me from Liberia is what I carry with me today.I need beautiful people of color to make me see all the beauty of the world.“
Damals als Kind- wir haben Liberia 1969 verlassen – habe ich nicht weiter darüber nachgedacht, aber im Nachhinein finde ich es immer noch ein sehr interessantes Phänomen, dass viele Amerikaner, die aus dem Süden der USA stammten, wo die Rassentrennung noch bis 1964 offiziell erlaubt war, in Liberia gezwungen waren, gleichberechtigt und respektvoll mit Schwarzen umzugehen.
Interessant ist auch,dass der liberianische Staat wegen „Apartheid“  keine diplomatischen Beziehungen zu Südafrika unterhielt.Eine direkte Flugverbindung zwischen Liberia und Südafrika gab es auch nicht .Das bedeutete nicht nur, dass man von Liberia  nicht auf direktem Wege  nach Südafrika fliegen konnte, sondern auch, dass sämtliche Post von Liberia nach Südafrika über England weitergeleitet wurde.

Dass es keine Diskriminierung in Liberia gab, hängt mit den Gründen für die Gründung des Staates Liberia zusammen.

„The love of liberty brought us here“- die Gründung Liberias

Bekanntlich ging die Kolonisierung Amerikas vom 16. bis zum 19.Jahrhundert mit der Massenversklavung von Afrikanern einher, die als billige Arbeitskräfte unter den menschenunwürdigsten Bedingungen auf den Plantagen der weißen Sklavenhalter, vor allem im Süden der USA, schufteten.
Aus humanistisch-religiösen Gründen stellte sich in Teilen der amerikanischen Bevölkerung zunehmend die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Sklaverei. Dazu kam, dass die Anzahl der Sklavenaufstände gegen ihre Lebensbedingungen zu nahm. Im Zuge dieser Entwicklungen hatte sich 1816 in Washington D.C  die American Colonization Society gebildet, die sich aus Gegnern der Sklaverei, in Freiheit geborenen Schwarzen und befreiten Sklaven zusammensetzte. Es war das Ziel dieser Organisation , Sklaven wieder nach Afrika zurückzubringen und sie dort anzusiedeln. Zu den Unterstützern dieser Organisation gehörten u.a. Abraham Lincoln und James Monroe ,der in seiner späteren Funktion als Präsident der USA dieser Organisationen die entscheidenden finanziellen Mittel für diese Unternehmungen zur Verfügung stellte. Am 2.2. 1820 segelten die ersten Schwarzen los  und erreichten am 9.3.1820 die Küste West Afrikas. Das Land, das sie von den dort ansässigen Stammeshäuptlingen kauften, nannten sie am 26.7.1847 bei der Gründung des ersten unabhängigen Staates in Afrika in Anlehnung an das Wort „Liberty“ (Freiheit) „Liberia“. Auf dem Wappen des neuen Staates steht auch heute noch: „The love of liberty brought us here:“
Die Verfassung und die Fahne wurden nach den amerikanischen Vorbildern geschaffen. Doch in der Verfassung wurde sich auch auf das besondere Schicksal der ersten Bürger dieses neuen Staates bezogen:
„ We ,the people of the Republic of Liberia, were originally inhabitants of the United States of America.
In some parts of that country we were debarred by law from all the rights and privileges of men; in other parts public sentiment, more powerful than
law, frowned us down.
We were everwhere shut out from all civil office.
We were excluded from all participation in the government.
We were taxed without our consent.
We were compelled to contribute to the resources of a country which gave us no protection.
We were made a separate and distinct class,and against us every avenue of improvement was effectually closed. Strangers from all lands of a colour different from ours were preferred before us.
We uttered our complaints ,but they were unattended to¸ or met only by alleging the peculiar institution of the country.
All hope of a favorable change in our country was thus wholly extinguished in our bosom, and we looked with anxiety abroad for some asylum from the deep degradation. …“ (Zitat aus Benjamin Brawley, „A Social History of the American Negro“,S.190ff.Collier Books, USA, 1971)

Aus Respekt und Dankbarkeit dem damaligen US Präsidenten James Monroe gegenüber,  gaben die Siedler ihrer Hauptstadt und meiner Geburtsstadt den Namen Monrovia.

Aus der besonderen Geschichte dieses Staates wurde in der Verfassung festgelegt, dass Liberia eine Zufluchtstätte für Schwarze sein sollte und, dass nur Schwarze die liberianische Staatsangehörigkeit erhalten könnten.
Daraus ergibt sich auch die Antwort nach meiner Staatsangehörigkeit. Obwohl ich in Liberia geboren bin, kann ich die liberianische Staatsangehörigkeit nicht
erwerben. Interessant ist, dass diese Tatsache, damals als Schutz gegen weitere Diskriminierung gedacht, heute von vielen Liberianern, aber auch Ausländern, die lange in Liberia gelebt haben bzw. leben als rassistisch und somit diskriminierend angesehen wird. Ein indischer Bekannter äußerte sich neulich folgendermaßen dazu:“ I felt racially discriminated when I found out that one can become a Liberian only if you are of Negroid origin – it is in the Liberian constitution.“ Ich ,für mein Teil, habe immer Verständnis für diesen Passus in der liberianischen Verfassung gehabt.

Statistiken und Bildmaterial stammen von Wikipedia ( de.m.wikipedia.org)

Ich hoffe, ich habe einige Fragen zu dem Thema Liberia zufriedenstellend beantwortet. Bei meinem nächsten Beitrag wird es um die weiteren Fragen gehen.

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