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Wie meine ausländischen Sprachschüler Hamburg sehen – Ein Interview

Einer der vielen tollen Aspekte meines Jobs  ist, dass ich immer neue Leute kennenlerne. Das empfinde ich als sehr spannend und oftmals auch bereichernd für mein Leben. Auch sind viele Freundschaften dadurch entstanden. Gerade in der letzten Zeit habe ich sehr viele Ausländer kennengelernt.


Da sind z.B. Lila aus Portugal ,Natalia aus Polen. Marian und Janina aus Rumänien. Sie sind in den Zwanzigern und arbeiten alle in einem Kosmetikstudio, in das ich zwei Mal wöchentlich gehe, um Deutsch zu unterrichten. Lila, wie die Anderen auch, kam nach Hamburg, um hier zu arbeiten.


Sie kannte Hamburg von den Besuchen bei ihren Schwestern, die Jahre zuvor nach Hamburg gekommen waren. Natalia ist mit einer Freundin, die ebenfalls im Kosmetikstudio arbeitet, nach Hamburg gekommen.


Dann ist da auch noch Paloma, die mit ihren Kindern Candela (8 Jahre) und Nil (6 Jahre) seit August in Hamburg lebt, weil ihr Mann, der in einem kleineren dänischen Ort kurz hinter der Grenze eine Stelle in seinem Beruf als Schuhdesigner bekam. Die Familie hatte sich Hamburg als Standort ausgewählt, weil die Kinder eigentlich die Internationale Schule hier besuchen sollten, doch nach einem Test stellte sich heraus, dass ihre Englischkenntnisse dafür nicht reichen würden.


Jetzt besuchen sie eine Integrationsschule hier in Hamburg. Paloma, die kein Englisch  und kaum Deutsch spricht,  versucht das Leben ihrer Familie hier in Hamburg zu meistern. Ihr Mann ist am Wochenende in Hamburg. Manchmal schafft er es ,am Mittwoch für einige Stunden hierher zu kommen. Palomas Kinder kommen zu mir, um ihr Englisch zu verbessern.


Während des Unterrichts sitzt Paloma in einem anderen Raum und lernt Deutsch. Sie hat 4 Stunden täglich Unterricht, dazu kommen noch die Hausaufgaben. Es fällt ihr wirklich nicht leicht,  die Sprache zu lernen. Mit Raquel und Toni und ihren Kindern Erika (8 Jahre) und Alexia (4 Jahre) habe ich engeren Kontakt, da ich Raquel durch den intensiveren Kontakt öfters sehe. Die Familie ist aus Barcelona nach Hamburg gekommen, weil Tonis spanische Firma ihm eine Stelle in ihrer Niederlassung in Reinbek angeboten hatte. Am 3. Advent hatte ich die Familie zum Kaffeetrinken eingeladen, und zu unserer großen Überraschung stellten wir fest, dass die Kinder sich auf Deutsch unterhielten. Ihr Deutsch war wesentlich besser als das ihrer Eltern, was wiederum zeigt, wie wichtig es ist, Kontakt zu Muttersprachlern zu haben. In der Schule und Im Kindergarten sprechen und hören die Kinder täglich Deutsch.


Für meinen Blog habe ich ein Interview mit Raquel geführt und möchte einige Passagen daraus wiedergeben.

Welche Vorstellung hattest Du von Hamburg und wie war Dein erster Eindruck?

„ Ich war noch nie in Hamburg gewesen, aber mein Mann Toni schon. Er hatte mir gesagt, dass Hamburg eine schöne Stadt ist. Im Mai 2013 kam ich nach Hamburg, um unsere Wohnung anzuschauen und im Juli sind wir hierher gezogen .Ich hatte eine tollen Eindruck von Hamburg und liebte die Stadt sofort. Toni und ich haben uns sehr gefreut“.

Wie habt Ihr Euch in Hamburg eingelebt?

„ Wir haben uns sehr schnell in Hamburg eingelebt .Die ersten Monate waren einfacher, denn das Wetter war sonnig und warm. An den Winter mussten wir uns gewöhnen, aber wir haben gute Kleidung gegen die Kälte gekauft: Federjacken, Schneeschuhe ,Mützen, Handschuhe, etc. Für mich und Toni war die Sprache das größte Problem. Unsere Kinder haben die Sprache sehr schnell gelernt. Unser Leben hier ist sehr angenehm. Die Kinder freuen sich, in den Kindergarten bzw.  in die Schule zu gehen,  und mein Mann geht gerne zur Arbeit. Ich gehe 3 Mal wöchentlich zum Deutschunterricht und habe auch sonst einiges zu tun.“ Habt Ihr Freunde in Hamburg gefunden ? Ist es einfach, Kontakt zu Deutschen zu bekommen?

„ Ja ,wir haben Freunde gefunden, aber die meisten kommen aus Spanien. Einige leben schon viele Jahre in Hamburg. Meine beste Freundin ist  Deutsche, aber ihr Mann ist Spanier. Deutsche Freunde zu finden, ist wegen der Sprachprobleme nicht einfach. Außerdem sind die Deutschen sehr reserviert. Sie sind auch nicht so spontan und brauchen oft einen Terminkalender, um sich zu verabreden.“ Glaubst Du, dass es eine gute Entscheidung war, nach Hamburg zu kommen? Würdest Du es nochmal machen?

„Ja, klar. Mein Mann und ich denken, dass es eine gute Entscheidung war, nach Hamburg zu kommen. Für unsere Töchter ist es eine große Chance. Wir sind eigentlich für 2 Jahre nach Hamburg gekommen, aber jetzt wollen wir noch ein Jahr länger bleiben .Ich bin sicher, dass ich mich nochmal so entscheiden würde.“

Was mich sehr gefreut hat, war, dass Raquel, wie auch andere meiner Schüler sagten, dass sie noch nie mit Ausländerfeindlichkeit konfrontiert worden seien.


Ich finde es aber schade, dass Raquel, wie auch die meisten Ausländer, die ich kenne, kaum Kontakt zu Hamburgern haben. Sicherlich neigen Menschen, die in ein fremdes Land ziehen dazu, Kontakt zu ihren Landsleuten zu suchen. Das kennt man  auch von Deutschen. In Las Palmas de Gran Canaria, wo ich 3 Jahre gelebt habe, gab es  auch eine deutsche Enklave, deren Mitglieder  sehr engen Kontakt untereinander hatten.


Diese „Koloniebildung“  verhindert  Einsamkeit  und verschafft eine Bindung zur  Heimat und somit ein Gefühl von Geborgenheit. Das Phänomen, das so wenige Ausländer Kontakt zu Deutschen bzw. zu Hamburgern haben, hat ,meiner Meinung nach, weniger mit Ausländerfeindlichkeit, als vielmehr mit der Mentalität der Deutschen im Allgemeinen und der Reserviertheit der Hamburger im Besonderen zu tun.. Auch vielen Deutschen , die nach Hamburg gezogen sind (mich eingeschlossen), geht es ähnlich.


Auch sie haben meistens eher Kontakt zu anderen „Zugereisten“, als zu Hamburgern.


Mein Friseur Glenn, der  aus Irland stammt und schon seit vielen Jahren in Hamburg lebt ,sagte mal zu mir: „Barbara, stell Dir vor! Ein Hamburger hat meistens nur einen Freund und den hat er vom Sandkasten bis zum Sarg.“


Das ist sicherlich sehr zugespitzt, aber die Stoßrichtung stimmt meiner Ansicht nach. Freundschaft wird oft über die Dauer einer Beziehung definiert, nicht unbedingt über die Intensität.


Wenn  wir Deutsche in andere Länder reisen, z.B. in die Türkei, sind wir immer sehr angetan von der Freundlichkeit der Türken, aber hier, wo Tausende von Türken leben, haben wir oftmals überhaupt keinen privaten Kontakt zu Türken. Wir wundern uns über die Freundlichkeit der Amerikaner .Wir argwöhnen sogar, dass sie nicht echt sei, denn „Warum sollten die so freundlich sein?  Die kennen uns doch gar nicht.“ Zumindest sei sie oberflächlich und übertrieben.


Ich finde, wir könnten uns  eine Scheibe von dieser Freundlichkeit abschneiden, denn wenn man irgendwo neu hinzieht, erwartet man nicht auf Anhieb gleich Freunde für das Leben zu finden. Erst einmal ist es wichtig, dass man überhaupt als Neuling beachtet wird, dass Leute freundlich zu einem sind und, dass man überhaupt eine Chance erhält,  Leute kennenzulernen .Ob daraus dann eine langjährige Freundschaft wird, wird sich dann zeigen.


Wir sollten daran denken, dass auch wir überall auf der Welt, außer in Deutschland bzw. Hamburg, Ausländer bzw. Fremde sind.

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