Vor einiger Zeit brachte ein Schüler mir den Artikel „ Wie Computer beim Sprachenlernen helfen“ von Julia Ruhnau aus dem Hamburger Abendblatt vom 24./25.2.2018 mit. Ich fand diesen Artikel äußerst interessant, denn ich werde in der letzten Zeit immer öfters gefragt, was ich von den Sprach-Apps wie Babbel, Duolinguo, Rosetta Stone, etc. halte. Wahrscheinlich vermutet man im Allgemeinen ,dass ich gegen die Benutzung dieser Apps bin, da ich befürchten könnte, dass sie meine Arbeit als selbständige Sprachenlehrerin gefährden könnten. Demzufolge sind viele über meine Antwort überrascht.
Ich bin für alle Mittel, die helfen ,eine Sprache zu lernen .Eine Sprache zu lernen ,ist kein leichtes Unterfangen und somit sind alle Mittel recht, die den Lernenden dabei unterstützen, dieses Ziel zu erreichen. Dazu gehören die Sprach- Apps genauso wie das Anschauen von Filmen in der Fremdsprache, die Lektüre von Zeitungen und Büchern, Onlinekurse, etc. Alle diese Mittel sind sehr nützlich und können den Unterricht bei einem Lehrer ergänzen, aber sie ersetzen ihn nicht.
Die Sprach-Apps ,wie z.B. Babbel, Duolinguo, etc . sind sehr nützlich, um Hemmungen und die Scheu vor einer fremden Sprache abzubauen. Man kann sich ohne äußeren Druck mit der fremden Sprache vertraut machen und bestimmt das Lerntempo selber. Auch bieten die Sprach-Apps die Möglichkeit ,das Vokabular einer Sprache wieder aufzufrischen. Im Allgemeinen werden Wortschatz und Gesprächssituationen des Alltags trainiert, aber da Erläuterungen zur Grammatik der Sprache eher nicht integriert sind ,fehlt dem Lernenden eine Einsicht in die Struktur und Aufbau der Fremdsprache. Der Schüler kommt über eine gewisses Basisniveau nicht hinaus. So urteilt Harald Clahsen, Professor am Potsdamer Forschungsinstitut für Multilingualismus (PRIM),dass es den Apps an einer Anleitung durch einen Lehrer entbehrt.(Siehe den oben genannten Artikel)
Wie viele meiner Schüler, die mit diesen Apps gearbeitet haben, sagen, braucht man auch aus Gründen der Disziplin und des Feedbacks einen Lehrer. Lernt man für sich allein ,hat man weniger Disziplin und verschiebt oft Termine ,an denen man lernen wollte. Die regelmäßigen Termine mit dem Lehrer, der Wissen abfordert ,schafft eine gewisse Disziplin, die dem Schüler hilft, sein Lernpensum zu verwirklichen. Wie beim Fernstudium ist die Zahl der Drop-Outs bei diesen Apps immens. Sicher kann das Erreichen gewisser Levels bei den Sprach-Apps motivierend wirken, jedoch sind die differenzierten Möglichkeiten des Feedbacks von einem Lehrer auch auf Dauer viel leistungsfördernder.
Was jedoch am meisten für den Unterricht mit einem Lehrer spricht ,ist die Sprachpraxis ,die die Apps nicht gewährleisten können. Um eine Sprache wirklich sprechen zu können, muss man das Sprechen im Unterricht trainieren. Im Laufe meiner langjährigen Tätigkeit habe ich oft erlebt, dass Schüler, obwohl sie oft seit Jahren mit dem Erlernen einer Sprache beschäftigt sind, die Sprache nicht sprechen können oder sich nicht trauen, sie zu sprechen.(siehe dazu auch meinen Artikel “Englisch für Angsthasen“ auf meinem Blog) Sie haben oftmals viel passives Wissen und schneiden bei Eingangstests, die zumeist grammatikalisches Wissen und Vokabeln abfragen, gut ab, aber oft entspricht ihre Fähigkeit zu sprechen nicht diesem passiven Wissen. Auch die Sprach—Apps zielen auf das Erlangen von passivem Wissen hin und müssen durch Präsenzkurse mit einem Lehrer, der das Sprechen fördert und die Schüler beim Erreichen dieses Ziels unterstützt, ergänzt werden.